Am 10. September 2022 verschwinden zwei Einheimische der Azoreninsel Pico spurlos. Schnell gerät ein deutsches Auswanderer-Paar in das Visier der portugiesischen Ermittler - und die haben nur ein Ziel: Den Fall so schnell wie möglich zu klären. Ohne Rücksicht auf Verluste. 

Der angeblich illegale Waffenbesitz

In diesem Beitrag wollen wir uns dem „illegalen Waffenbesitz“ widmen, der Tom und Ruth vorgeworfen wurde.

Angeklagt wurden Tom und Ruth wegen:

7 „Dolche“ mit einer Klingenlänge von mehr als 10 cm

Dabei handelt es sich allerdings um handelsübliche Messer. Im portugiesischen Waffengesetz gibt es den Ausdruck für Dolche (portug. punhais) nicht. Dort ist lediglich die Rede von Messern. Selbst Küchenmesser haben oft eine längere Klinge als 10 cm. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Küchenmesser mit einer Klingenläng von mehr als 10 cm von Tom und Ruth von der Polizei nicht konfisziert wurden.

1 Catana

Bei einem Catana handelt es sich um ein Schwert. Die Policia Judiciaria (kurz PJ, entspricht der Kriminalpolizei in Deutschland), welche das Asservat einsammelte, klassifizierte ein Buschmesser fälschlicherweise als Catana und vermerkte dies auch so in einem Gutachten. Buschmesser sind auf den Azoren in jedem Baumarkt erhältlich. Hinzu kommt, dass die Begutachtung von Waffen Aufgabe der Policia de Seguranca Publica (kurz PSP, entspricht in Deutschland der Schutzpolizei) ist und nicht der PJ.

1 Bajonett

Das ist korrekt. Bei dem Bajonett handelt es sich um ein Erbstück von Ruths Schwiegervater (Vater ihres ersten Mannes Brano, der im Jahr 2018 an einem Aneurysma verstarb). Bei dem Bajonett handelt es sich um ein antikes Sammlerstück.

1 „Boxer com lamina Garra karambit“ / ein Schlagring mit einer aufgesetzten Klauenklinge

Dieser Punkt ist inhaltlich falsch! Bei dieser „Waffe“ handelt es sich um ein schmuckvoll verziertes Wiegemesser mit einer nach außen gebogener Klinge, das Ruth ebenfalls von Brano geerbt hatte. Im Gegensatz dazu hat ein Garra Karambit eine nach innen gebogener Klinge. Ein Schlagring impliziert die Verstärkung eines Schlages bzw. der Schlagwirkung, in dem die Finger in die dafür vorgesehenen Ringöffnungen geschoben werden. Das Wiegemesser, das Ruth geerbt hat, hat einen Griff – die „Löcher“ befinden sich allerdings in der Schneide! Bei einem Schlag mit den Fingern in den „Löchern“ würde sich der Schläger selbst schwerste Verletzungen zuziehen, da er sich die scharfe Schneide in die Fingerglieder rammen würde! Ruths Anwältin hat während des Prozesses beantragt, dass diese „Waffe“ vorgeführt werden soll, um zu demonstrieren, dass es unmöglich ist, dieses Wiegemesser als Schlagring zu benutzen. Die Richterin lehnte den Antrag der Verteidigung allerdings ab.

1 Bogen

Das ist korrekt. Der Bogen gehört Tom, der in Deutschland Mitglied in einem Bogenschützenverein war.

1 Armbrust

Das ist korrekt, die Armbrust ist vorhanden.

1 Pistole der Marke Smith & Wesson, Kaliber .22

Das ist korrekt. Dabei handelt es sich um ein Erbstück von Ruths verstorbenen Ehemann Brano. Die Waffe ist legal eingetragen und zugelassen.

1 Gewehr der Marke TOZ, Kaliber .22

Das ist korrekt. Dabei handelt es sich um ein Erbstück von Ruths verstorbenen Ehemann Brano. Die Waffe ist legal eingetragen und zugelassen.

1.454 Schuss Muntion des Kalibers .22

Auch das ist korrekt. Jedem Schützen ist nach dem portugiesischen Waffengesetz erlaubt, 1.000 Schuss Munition pro Tag zu erwerben. Tom und Ruth haben insgesamt 1.454 Schuss Munition im Haus gehabt, weil die Munition nur auf dem Festland gekauft werden kann. Pro Versendung mit dem Flugzeug fallen 250 Euro Kosten an, da die Munition in speziellen Behältern transportiert werden muss. Deshalb kauften Tom und Ruth über den Schützenverein im Oktober 2021 auf Pico 2.000 Schuss Munition und teilten sich die Kosten des Versandes mit anderen Mitgliedern des Vereins.

2 Schalldämpfer

Das ist falsch. Bei den „Schalldämpfern“ handelt es sich um sogenannte „Moderatoren“, also Lautminderer, die nicht die Eigenschaften eines Schalldämpfers haben. Lautminderer entfalten ihre Wirkung bei einem Geräusch, das höher als 50 Dezibel ist; wohingegen Schalldämpfer bereits unterhalb der 50-Dezibel-Grenze greifen. Zudem ist anzumerken, dass auf den von der PJ fotografierten Verpackungen die Bezeichnung „Air Riffle / Air Gun“ zu sehen ist. Darin befanden sich die Luftgewehre, die Tom und Ruth zum Erhalt einer Lizenz für Wettkampfzwecke benötigten. Diese Luftgewehre wurden zum Teil mit den „Moderatoren“ geliefert. Diese Lautminderer sind in keiner Weise mit einer Schusswaffe kompatibel. Es ist lebensgefährlich, einen „Moderator“ für ein Luftgewehr auf eine andere Schusswaffe zu montieren! Die Mündungsenergie einer Schusswaffe würde den „Moderator“ zum Explodieren bringen, weil der Ausstoß bei einem Luftgewehr deutlich geringer ist. Bei einem durch Pulver/Explosion verursachten Ausstoßes ist die Mündungsenergie um ein Vielfaches höher. Zudem ist anzumerken, dass weder bei der Pistole, noch bei dem Gewehr, ein Gewinde vorhanden ist, auf dem ein Schalldämpfer aufgeschraubt oder angebracht werden könnte.

 

Weder in der Anklage noch in dem späteren Urteil, werden die Luftgewehre, Pfeile, Diabolos (Bleigeschosse für das Luftgewehr) mehr erwähnt, allerdings wurden sie Ruth auch nicht zurückgegeben.

Verurteilt (jeder zu 2 Jahren effektiver Haftstrafe wegen Besitzes „illegaler“ Waffen) wurden Tom und Ruth aber ausschließlich wegen:

7 „Dolchen“ (die in Wahrheit Messer sind; davon gehören 3 Tom und 4 Ruth)

1 Bajonett (ein antikes Sammlerstück, ein Erbstück von Ruths verstorbenen Ehemann Brano)

1 Schlagring mit einer aufgesetzten Klauenklinge (das in Wahrheit ein Wiegemesser ist, ebenfalls ein Erbstück von Ruths verstorbenen Ehemann Brano)

ALLE anderen Waffen sind keine Verurteilungspunkte, da Tom und Ruth sie legal besessen haben! Von diesen Vorwürfen wurden sie am 14. März 2024 nachweislich freigesprochen!

Aber warum hatten Tom und Ruth überhaupt so viele Waffen?

Bevor Ruth ihren mittlerweile verstorbenen Mann Brano im Jahr 1985 kennenlernte, besaß dieser bereits seit etwa drei Jahren einige Vorderladerwaffen (Schwarzpulver) und, so weit Ruth sich erinnern kann, eine Schusswaffe. Später kaufte Brano die Pistole und das Gewehr, während er die Schusswaffe verkaufte. Brano war Mitglied im Schützenverein und ein leidenschaftlicher Waffensammler. Alle Waffen, die Brano je besessen hatte, waren legal eintragen.

Galerie

Hier sind die beschlagnahmten Objekte aus dem o.g. Text aufgeführt, nebst Dokumenten bezüglich des erlaubten Waffenbesitzes.

© Urheberrecht. Alle Rechte vorbehalten. 

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.